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Malgorzata Sztremer
Michaela Tröscher
26.09.2010
Am Ende eine große Oper
Anlässlich der Verleihung des Stadtpreises Saarbrücken an
Malgorzata Sztremer zeigt das Museum GOSZ eine Ausstellung ihrer Werke.
Der Aufbau der Malerei wurde von der Bildhauerin Michaela Tröscher übernommen.
Zusammen arbeiten die beiden seit 2004 an dem Kunstprojekt abgemacht.
Jetzt kommt es zur zweiten Zusammenkunft der Künstlerinnen - pani
tutaj, abgemacht Teil zwei. Andreas Golczewski, der Museumsleiter,
lud zu einem Gespräch ein.
GOSZ:
Eure erste Ausstellung zu abgemacht teil 1, liegt vier Jahre
zurück, jede ging ihren eigenen Weg. Wie habt ihr euch wieder
getroffen, in eurer Zusammenarbeit?
Michaela Tröscher:
Malgorzata rief mich an und meinte, dass Museum steht zu einem
Ausstellungstermin leer und zur gleichen Zeit bekäme sie den
Stadtpreis verliehen. Ich sagte zur ihr, ich komme und bau Dir zu
ehren eine Ausstellung mit deinen Werken auf, mit der winzigen Bedingung,
das ich keines deiner Bilder an die Wand hängen werde. Sie ließ sich
darauf ein, gab mir ihr zwanzigjähriges Schaffen in die Hände
und ließ mich machen. Dieses Vertrauen ist gewaltig.
GOSZ:
Jetzt gibt es aber doch eine Wand, in der Raumchoreografie, an
der Bilder hängen. So wie du es nicht wolltest. Wie kam es dazu?
Michaela Tröscher:
Ja, ich nenne das, die traditionelle Wand. Sie ist sehr wichtig,
im Gleichgewicht zu den zusammengebauten Bildobjekten.
Ich gehe davon aus, dass es hinter der Leinwand weiter geht,
da gibt es einen Raum, den möchte ich freigeben.
In diesem Aufbau versuche ich den traditionellen Umgang mit Malerei
aufzubrechen, dabei darf man aber nicht die Tradition entwurzeln, sonst
wird alles beliebig.
Diese Wand hält irgendwie alles zusammen.
GOSZ:
Ist es somit, für dich von Bedeutung, das Malgorzata aus der traditionellen
polnischen Malerei stammt?
Michaela Tröscher:
Das ist von absoluter Bedeutung. Auch das sie figurativ malt
ist für mich und diesen Raum großartig. Wir ergänzen
uns. In diesem Aufbau ist sie die Tradition und ich die Naivität,
die in der Tradition verankert ist. Damit meine ich diesen unkritischen,
kindlichen, direkten und körperlichen Moment im Leben. Der Moment
in dem es ausreicht, dass man ist, man ist einfach. In diesem Impuls
habe ich das alles zusammengeschraubt. Und die Bilder halten das
aus, das Bild bleibt das Bild, an denen verändere ich gar nichts,
möchte ich auch nicht. Doch durch diesen Impuls hat sich die
Wahrnehmung und die Perspektive verändert und geöffnet.
GOSZ:
Als ich den Raum zum ersten Mal betreten habe und deine Architektur
darin sah erinnerte mich das stark an religiöse Wandtafeln.
Gibt es für dich da eine Verbindung?
Michaela Tröscher:
Ohne mein Gottvertrauen kann ich nur sehr schlecht leben. Somit
wundert es mich nicht, dass diese Assoziation aufkommt. In meiner
Kurzfilmreihe ,auf dem weg nach hause, arbeite ich gerade mit einem
isländischen Gebet, das ich vom Sprechen in einen Gesang entwickle.
Es war jetzt aber kein bewusster Ansatzpunkt in diesem Raum. Die
Architektur, die sich hier ergibt kommt aus der Landschaft, mit den
spitzen Bergen, den Alpen und den Häusern, die darin stehen.
Malgorzata meinte selbst es sei hier wie kraje alpejskie, alpenländische
Landschaft, etwas krumm und schief, ein Zitat das ich auch im Film
pani gosia verwende.
GOSZ:
Zur Vertonung dieses Filmes hast du dich an die polnische Sprache
gewagt. Du arbeitest viel mit den germanischen Sprachen. Wie ging
das zusammen?
Michaela Tröscher:
Also, das waren die schwierigsten Aufnahmen, die ich je gemacht
habe, weil es die Lustigsten waren! Ich musste da sehr viel lachen,
da ich nicht glauben konnte dass diese Sprache, selbst von den Polen
verstanden wird. Mit einem deutschen Sprachverständnis kommt
man da gar nirgends hin. Unmöglich. Dank Sprachcomputer konnte
ich die Worte ablauschen und irgendwann nachsprechen. Ich möchte
das Malgorzata verstehen kann, was ich ihr in ihrer Muttersprache
sagen will. Anders ist das in den germanischen Sprachen, da muß man
mich nicht verstehen. Da arbeite ich sehr körperlich, performativ
um den Worten den größtmöglichsten Raum zu geben,
da bleibt vom eigentlichen Wort nicht immer sehr viel übrig.
Ein sehr ungefilterter und einsamer Augenblick.
GOSZ:
Die Fenster hast du mit roter Farbe bearbeitet, eine Zeichnung
hast du von Außen an das Fenster befestigt.
Wurde Dir dieser Raum zu klein?
Michaela Tröscher:
Ja, das kann man so sagen, ich wollte den Himmel, das Universum,
das Unendliche Miteinbeziehen. Die Zeichnung, eine Gebärende,
zeigt das Mutter sein oder Mutter werden. Dieser existentielle Zustand
durchzieht das ganze Werk Malgorzatas.
Das Bewusstsein, das wir alle Zeiten in uns tragen, die Vergangenheit,
die Gegenwart und die Zukunft. Wir sind alle Ahnen die Leben weiter
geben können. Ein schöner Gedanke.
GOSZ:
Rote Farbe durchzieht dein Werk. Die roten gezeichneten Häuser
in diesem Raum erscheinen mir wie Theatervorhänge, rot und wuchtig,
eine Farbe, die das Auge schärft. Auf was möchtest Du die
Sinne lenken?
Michaela Tröscher:
Lenken möchte ich die Sinne auf das Licht. Ein warmes Licht, das
aus einem Haus herausstrahlt. In diesem Raum gibt es zwei Lichtquellen,
die sich gegenüberstehen und zusammen einen Lichtkörper bilden.
Für die Malereien habe ich davor eine Holzkonstruktion gesetzt,
die mich stark an die Bauweise alter Bauernhöfe erinnert. Alles
etwas schräg und krumm, in sich aber stabil und komplett.
GOSZ:
Heute habt ihr euch für eine Choreografie im Museum getroffen.
Eine Selbstinszenierung eurer Körper in dieser Rauminstallation.
Du in deiner Schwarzwälder Bauerntracht, Malgorzata nackt.
Michaela Tröscher:
Ja, ein sehr intimer Moment in dieser Arbeit, mit Seltenheitswert.
Ich trage meine Tracht nur wenn ich wirklich will, wenn ich mich
zeigen möchte, ganz. Das ist ein Erbstück meiner Großmutter,
mein kulturelles Erbe. Da steckt alles drin in diesem Stoff, alle
Gesetze, gesagte und ungesagte, der Geruch der alten Höfe etc.
Wir zeigen uns beide ganz in unserer Existenz, ergänzend. Mir
fiel nicht auf, dass Malgorzata nackt war, sie trug ihre Nacktheit
mir Würde.
GOSZ:
Wie weit möchtest du in diesen Bereich eintreten? In den Bereich
der Inszenierung und der Bühne?
Michaela Tröscher:
Die Bühne, die Inszenierung, eine Geschichte erzählen interessiert
mich schon immer. Auf einer Bühne, in einem konkreten Raum, kann
ich alles versammeln, was mich bewegt. Die Menschen, die Sprache
und Musik, die Kleidung, das Licht und die Bildhauerei als Abbild,
das Bühnen-Raumbild. In meinen Gedanken steht am Ende meines Lebens
eine große Oper.
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